Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in D:\www\www476\wp-content\themes\IFK\social\instagram.php on line 15 Interview mit Shihan Edi Gabathuler, 8. Dan, im August 2023 - IFK Schweiz

Interview mit Shihan Edi Gabathuler, 8. Dan, im August 2023

Herzliche Gratulation zu deiner verdienten Beförderung zum 8. Dan.

Konntest du deine Gradierung schon etwas geniessen?

  • Vielen Dank. Wir sind seit einigen Monaten daran, unsere Wohnung zu renovieren. Ich habe sehr viel dabei gelernt und die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen, aber es dauert nicht mehr lange (zum Glück J). Den 8. DAN geniessen, ich weiss gar nicht, ob das überhaupt geht.

Was bedeutet dir diese Beförderung?

  • Es bedeutet sicherlich eine Anerkennung für diverse Arbeiten zu Gunsten der IFK, sei es weltweit, schweizerisch oder auch im Dojo. Dafür möchte ich allen danken. Andererseits bedeutet es, „noch mehr ausgestellt zu sein“. Viele Karatekas sehen ja den 8. DAN und weniger die Person dahinter. Auf jeden Fall ändert sich nichts für mich, Karate im Gi, schwitzen, unterrichten aber auch in die Linie stehen und lernen werde ich weiterleben. Vielleicht ist das Letzte eher selten, aber ich habe keine Scheu davor – auch wenn ich jetzt den 8. DAN habe- „denn haben heisst nicht sein“…..

Ich habe auf den Sozialen Medien unter den Gratulationen immer wieder den Titel «Hanshi» gelesen. Wirst du diesen Titel für dich benutzen, diesen tragen?

  • Haha, das wurde ich zu meiner Überraschung schon einige Male gefragt. Darüber habe ich mir auch im Entferntesten keine Gedanken gemacht. Aus dem Titel Shi-han wurde Han-shi abgeleitet. Der erste mit diesem Titel im Kyokushin war Hanshi Steve Arneil. Heute gibt es viele Hanshi’s. In unserem Prüfungsprogramm wird der 8. DAN mit Shihan umschrieben. In der Verbeugungszeremonie hingegen wir der 8. DAN und höher mit „Hanhsi-Ni-Rei“ erwähnt. Du kannst also sehen, das japanische System ist kompliziert und voller Gegensätze. Hanshi Steve war für mich stets ein grosses Vorbild und auch ein sehr guter Freund. Mit ihm auf Augenhöhe zu sein, nein da fühle ich mich nicht wohl. Ich denke mir, dass Shihan richtig ist. Eigentlich sind wir alle Sensei: Meister, was so viel bedeutet wie „früher, vorher, voraus“ (sen) und „Leben, lebendig sein“ (sei). Sinngemäss: also früher geboren zu sein und dadurch mehr Wissen erlangt zu haben, den Weg bereits gegangen zu sein. In Japan wird dies im Budo vielerorts immer noch so gelebt. Die Gajin (Ausländer) legen mehr Wert auf Titel. Vielleicht auch, weil wir die japanische Kultur und Sprache nicht so verstehen. Die Titel Renshi, Kyoshi, Hanshi, Soke, Sosai etc. kamen erst neuzeitlich dazu.

 

Schauen wir doch auf deine Anfänge zurück.

Wann hast du mit Karate gestartet, wie alt warst du?

  • Ich war 15-jährig und habe am 09. September 1974 mit dem Karate angefangen. Dieses Datum und die Umstände dazu vergesse ich nie. Wir waren zu dritt und haben in die volle Halle reingeschaut. Es kam ein Österreicher (Senpai Charlie) auf uns zu und fragte, was wir wollen. Wir führten aus, dass wir Interesse am Karate haben und zuschauen möchten. Er sagte spontan: „kommt rein und macht mit“. So kam es, dass wir unsere erste Karatelektion in Strassenkleidern hatten…..

Was hat dich motiviert mit Karate zu starten?

  • Wir waren in Chur sowas wie eine (harmlose) Gang. Am Samstag und Sonntag lief im ehemaligen Kino Rex um 17 Uhr entweder ein Kung Fu- oder Cowboyfilm. Da wir nur wenig Geld hatten, sassen wir jedes Wochenende in der „Gaunerloge“, wie wir es nannten. Das war direkt vor der Leinwand. Die Kung Fu Filme hatten es mir angetan und ich sagte mir, das will ich lernen. Am 09. September 1974 wurde ein Karateanfängerkurs mit 66 (!) Anfängern gestartet. Ich war einer davon und heute der Letzte von diesem Kurs….

In welchem Dojo hast du mit Karate gestartet und wer war dein erster Lehrer/Sensei?

  • Das war Senpai Charlie Lenz, er hatte den 2. Kyu, den blauen Gurt. Damals wurde das 6. Kyu-System (Weiss, Gelb, Orange, Grün, Blau, Braun, Schwarz) vom Judo angewandt. Er war kurz zuvor aus Japan zurückgekommen. Wir trainierten Kyokushinkai Karate. Er macht dann noch Judo, Kobudo und Ju-Jitsu und es wurde daraus die Budoschule Haru. Haru bedeutet Frühling, Lenz im Österreichischen auch, deshalb der Name.

Wieso ausgerechnet Kyokushinkai Karate? Gab es in deiner Stadt noch andere Kampfsport-Schulen?

  • Das war weil er Kyokushinkai machte. Eigentlich Zufall. Ja, es gab noch ein Judo- und Ju-Jitsu-Club.

Hast du noch andere Kampfsportarten ausprobiert?

  • Ja, Ju-Jitsu, wenig Judo, Boxen und Kobudo.

Hast du in jungen Jahren auch an Wettkämpfen teilgenommen?

  • Ja, von 1976 bis 1986 habe ich ausschliesslich an Kumite-Turnieren teilgenommen. Dazu muss ich aber sagen, dass wir nie ein derartiges Angebot wie heute hatten. Zwei bis drei Turniere pro Jahr waren das höchste was geboten wurde. 1986 hörte ich aus beruflichen Gründen definitiv mit Kumite-Turnieren auf.
  • 2017 überlegte ich mir, wie ich mich zwingen könnte, fitter zu werden. Ich entdeckte, dass es in Japan Senioren-Kumite-Turniere gab. Im März 2018 startete ich zum ersten Mal. Die Dimension und Atmosphäre war sehr speziell, es standen über 800 Karatekas – ich war einer der wenigen Ausländer – in der Halle und es wurde auf sechs Feldern gekämpft. Im Folgejahr wusste ich schon besser Bescheid. Inzwischen habe ich an fünf Turnieren mitgemacht und drei Podestplätze belegt. Auf Grund meiner derzeitigen Handgelenksverletzung muss ich mir überlegen, wie es damit weitergeht….

Siehst du grundlegende Unterschiede der Wettkämpfe von früher zu heute? Oder gibt es da keine?

  • Oh doch, früher war es mehrheitlich „nur hart“. Heute haben die Karatekas ein anderes Wissen, sind technisch brillant und können von der Erfahrungen der Trainer und Coaches profitieren.

Wann war eigentlich deine erste Begegnung mit Hanshi Steve Arneil? Wie war diese Begegnung?

  • Ende Juni 1975 waren wir sechs Karatekas aus dem Dojo Chur, welche ins Sommerlager nach Arnheim/NL gingen. Geleitet wurde das Lager von Shihan Loek Hollander. Mit dabei war „so ein kleiner 6. DAN, welcher mir etwas verrückt aber faszinierend erschien“. Ich fand dann später raus, dass es sich bei ihm um Shihan Steve Arneil aus Grossbritannien handelte. Da an dem Lager in Arnheim fast 300 Karatekas waren und viele aus Grossbritannien stammten, entschloss sich Shihan Arneil, im nächsten Jahr ein Sommerlager in Grossbritannien zu machen. Bereits im Folgejahr war ich im Sommerlager in Exeter/GB. 1976 und die folgenden Jahre war ich jeweils während meinen ganzen Ferien in Grossbritannien und trainierte bei ihm im Sommerlager und verschiedenen Dojos. Im April 1979 kam Shihan Steve das erste Mal in die Schweiz.

Gibt es eine Aussage von Hanshi, welche dein Leben oder deine Sichtweise geprägt hat?

  • Während den Prüfungsbesprechungen konnte ich sehr viel von ihm lernen. Früher zählte für mich nur gewinnen, der Beste sein etc. Während den Diskussionen flossen das Alter, die Gesundheit, die Techniken, das Wissen, der Charakter der Person, das Mithelfen im Dojo und der Organisation usw. ein. All dies gab mir ein anders Blickfeld auf den Menschen.
  • 1989 gab mir Hanshi bekannt, dass ich den Nidan nicht bestanden habe. Er führte aus, dass er den Shodan nicht bestanden habe und erklärte mir warum. Dies war eine eindrückliche Lektion. Damals war ich natürlich enttäuscht, heute weiss ich, wenn jemand die Prüfung nicht bestanden hat, wie sich der Karateka fühlt.

Hast du Mentoren oder Lehrer, welche dich und dein Karate-Weg geprägt haben?

  • Ja, sicherlich Senpai Charlie Lenz. Dann natürlich auch Hanshi Steve Arneil. Wir haben viele Nächte miteinander diskutiert, hatten Spass aber auch ernste Zeiten. Kaicho Tadashi Nakamura mit seinem Stil Seido-Juku hat mich sehr beeindruckt. Hätte Hanshi damals nicht die IFK gegründet, so wäre ich heute möglicherweise im Seido-Juku.

Hättest du als junger Karateka gedacht, dass Karate mal mehr sein wird als «nur» ein Sport?

  • Nein, niemals.

Du bist Mitglied im Vorstand des Weltverband IFK. Wie kam es dazu? Musstest du dich bewerben?

  • Wie bereits erwähnt, hatte ich mit Hanshi intensiven Kontakt. Ich sagte ihm immer offen und ehrlich meine Meinung, auch wenn sich diese nicht mit seiner deckte. Er sage mir mal, ich mache das, was er bei Sosai Oyama gemacht habe. Ich sei sein Gewissen. Durch unsere Freundschaft, vielleicht auch weil er mich als sein „Gewissen“ schätzte, konnte ich Einfluss auf die Kreation eines Weltvorstandes nehmen. Er sagte mir dann, dass er mich gerne „an Board haben wolle“.

Was sind deine Aufgaben im Vorstand des Weltverbands?

  • Meine Aufgabe wird als Strategieverantwortlicher bezeichnet. Von meinem ehemaligen Job her bin ich es gewohnt, zu analysieren, Ideen zu entwickeln, Leute einzubinden und die Ideen umzusetzen. Derzeit leite ich die Arbeitsgruppe, welche die Landesvertreter, welche nur sporadisch oder gar nicht mitmachen, zu (re-)aktivieren.

In der IFK Schweiz bist du auch sehr engagiert. Du bist unser Landesvertreter. Was sind die Voraussetzungen Landesvertreter zu werden?

  • Ich denke, man muss Menschen gerne haben. Dazu gehört, dass ich keine Berührungsängste habe. Ich spreche die Personen und Dinge an, sei dies im In- oder Ausland. Zudem verfüge ich über einige Sprachkompetenzen, zwar nicht alle perfekt, aber ich kann mich in der entsprechenden Sprache durchschlagen. Dementsprechend habe ich ein grosses Netzwerk innerhalb und ausserhalb der IFK.

 

Kommen wir nochmals zu persönlichen Fragen zurück.

Hast du eigentlich eine Lieblings-Kata? Wenn ja, welche?

  • Eigentlich die Sanchin-No-Kata. Sie beinhaltet die wichtigsten fünf Punkte, welche als Basis fürs Karate dienen.

Gibt es eine Technik oder eine Übungsform welche du gar nicht gerne machst?

  • Als ich mit dem Karate anfing, konnte ich nicht begreifen, warum man so eine unbequeme Stellung wie den Sanchin-Dachi macht. Die Füsse waren „verdreht“, die Beine bekamen einen Krampf und es machte keinen Sinn. Das hat sich zwischenzeitlich erledigt und ich konnte mein Wissen dazu erweitern.

Wie oft trägst du deinen Obi in der Woche?

  • Vier bis sieben Mal.

Du lernst japanisch. Wie läufts?

  • Japanisch setzt sich heute aus Hiragana, Katakana und Kanji zusammen. Die ersten beiden gehen recht gut, Kanji hat ca. 2‘500 Schriftzeichen. Das Lernen der Sprache ist wie das Training, je mehr umso besser. Wir sind zwei Personen im Unterricht. Mein Studienpartner ist ca. 30-jährig, also mehr als halb so alt. Ab und zu denke ich, dass ich im falschen Film bin. Er begreift es und ich nicht, aber eben, nicht aufgeben. Seit dem Lernen der Japanischen Sprache bin ich dem Karate näher gekommen. Ich verstehe die Bedeutung(en) der Worte besser. Es ist nicht einfach, kann es aber für Budokas sehr empfehlen.

Du bist im Karate sehr engagiert, hast du eigentlich noch andere Hobbies oder freie Zeit für dich selbst?

  • Wenn man ehrlich ist, ist Zeit das einzige im Leben das man hat. Legen wir mal all die Ausreden, welche wir immer wieder finden weg: dann hat man Zeit. Weniger diskutieren und mehr machen, das könnte ich sogar als meine Devise bezeichnen. Ich fahre gerne Ski, im Sommer auch Motorrad. Seit ich Pensioniert bin gehe ich wöchentlich Wandern oder Biken. Am Abend – natürlich nach dem Training – sehe ich mir gerne einen Film an. Es stimmt schon, im Alter braucht man weniger Schlaf….

Gibt es etwas, was du jungen Menschen, welche mit Karate starten, mitgeben möchtest?

  • Wenn ihr Karate trainiert, so nutzt die Zeit und macht es intensiv. Karate ist eine tolle Sache, verbindet Menschen und hält euch fit.

Was wünschst du dir für die Zukunft?

  • Im Leben darf man verschiedene Meinungen haben. Wenn ein Problem ansteht, so soll es offen und ehrlich angegangen werden. Neid und Missgunst führen früher oder später zu Entfremdungen und entsprechen nicht dem Budoweg.

 

Was ich, Shihan Edi, noch sagen möchte……………………………..

  • Ich finde, wir haben schweizerisch aber auch weltweit eine tolle Organisation – die IFK. Ich möchte allen danken, die in irgendeiner Form im Dojo oder einem Amt der IFK helfen.

 

Vielen Dank für deine Bereitschaft für dieses Interview.

Wir sind sehr stolz einen der höchsten Dan-Träger der IFK, und den höchsten Dan-Träger der IFK Schweiz, in unseren Reihen zu wissen.

Im Namen der IFK Schweiz möchte ich mich bei dir für dein Engagement, deine uneingeschränkte Mithilfe, deine Offenheit, dein offenes Ohr, deine Weitsicht und deine Loyalität herzlich bedanken.

OSU, domo arigato gozaimashita.

Dolores Emmenegger-Jaros, 5. Dan

Präsidentin IFK Schweiz